Libereco verurteilt die aufrechterhaltene Haftstrafe der Schweizerin Natallia Hersche und fordert die Freilassung aller politischen Gefangenen in Belarus.

Natallia Herrsche in the court in Minsk. (Photo: Viasna)

Nach genau 150 Tagen im belarussischen Gefängnis wurde die gegen Natallia Hersche verhängte Haftstrafe in der heutigen Berufungsverhandlung bestätigt. Nachdem die Schweizerisch-Belarussische Doppelbürgerin am 19. September an einer Frauen-Kundgebung in Minsk teilgenommen hatte, wurde sie am 7. Dezember 2020 in einem unfairen Gerichtsverfahren zu einer drakonischen Gefängnisstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten Haft verurteilt.

Die SP-Nationalrätin Barbara Gysi übernahm im Rahmen der Libereco-Kampagne #WeStandBYyou die Gefangenen-Patenschaft für Natallia Hersche. Aktuell setzen sich auf diese Weise mehr als 160 Abgeordnete europäischer Parlamente mit der Übernahme von Patenschaften für die Freilassung politischer Gefangener in Belarus ein.

Zuletzt hatten sich im Vorfeld der heutigen Berufungsverhandlung 88 Schweizer Abgeordnete aller Bundeshaus-Fraktionen in einem offenen Brief an den belarussischen Aussenminister Makei gewendet und die Freilassung von Natallia Hersche und aller anderen politischen Gefangenen in Belarus gefordert.

“Wir sind entsetzt über die erneute und eindeutig politisch motivierte Verurteilung von Natallia Hersche. Es ist vollkommen inakzeptabel und in einem Rechtsstaat wie der Schweiz undenkbar, dass die Teilnahme an friedlichen Protesten mit jahrelanger Haft bestraft wird. Hier zeigt sich die ganze Menschenverachtung der belarussischen Diktatur. Natallia Hersche und alle anderen 255 politischen Gefangenen müssen sofort und bedingungslos freigelassen werden. Hier erwarten wir weiterhin sehr starken Druck der Schweiz und der internationalen Staatengemeinschaft auf das belarussische Regime. Das Wegsperren politisch Andersdenkender darf mitten im Europa des 21. Jahrhunderts nicht akzeptiert werden. Für einen Unrechtsstaat wie Belarus ist kein Platz in Europa”, erklärte Lars Bünger, Präsident von Libereco Schweiz.

Zeitgleich zur Berufungsverhandlung von Natallia Hersche fanden am heutigen Morgen in Belarus landesweite Verhaftungen und Hausdurchsuchungen beim unabhängigen Belarussischen Journalistenverband BAJ, beim Menschenrechtszentrum Viasna und bei weiteren NGO-Aktivisten und Journalisten statt. Das belarussische Regime geht seit Monaten mit einer Repressionswelle gegen jeglichen Widerstand vor. Dabei gerät nun auch die belarussische Zivilgesellschaft immer stärker unter Druck.

Unter dem Titel “#FactsOfRepression” hat Libereco heute einen Grafik-Report zu den politischen Repressionen in Belarus veröffentlicht. Demnach wurden bisher 76 der politischen Gefangenen zu Haftstrafen von insgesamt 235 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Die durchschnittliche Gefängnisstrafe liegt bei 3 Jahren und 1 Monat. 

Im gesamten Jahr 2020 kam es zu mehr als 33000 politisch motivierten Festnahmen, in den allermeisten Fällen waren dies willkürliche Verhaftungen friedlicher Demonstranten. Mehr als 600 Menschen wurden bei den Festnahmen verletzt, weitere 100 Menschen wurden in Haft Opfer von staatlicher Gewalt. Belarussische Menschenrechtsorganisationen haben mehr als 1000 Fälle von Folter dokumentiert. Bisher wurde in Belarus kein einziges Strafverfahren gegen die dafür verantwortlichen staatlichen Sicherheitskräfte eingeleitet.