Am Vormittag des 7. September wurde die Oppositionspolitikerin Maria Kolesnikowa in Minsk in der Nähe des Nationalen Kunstmuseums von maskierten Männern in Zivil in einen Lieferwagen gezerrt und entführt. In den vergangenen Wochen wurden Hunderte von Menschen von Polizeibeamten in Zivil auf ähnliche Weise in ganz Belarus festgenommen.
Maria Kolesnikowa ist ein Mitglied des Koordinierungsrates der belarussischen Opposition, der in einen Dialog mit dem herrschenden Regime treten möchte, um eine Übergabe der Macht zu verhandeln.
In der Nacht zum 8. September sollte sie zusammen mit zwei weiteren Mitgliedern des Koordinierungsrates der Opposition, Anton Radniankou und Ivan Krautsou, gesetzeswidrig aus ihrem Heimatland Belarus in die Ukraine deportiert werden. Um dies zu verhindern, hat Maria Kolesnikowa ihren Pass zerrissen. Sie konnte ihre geplante Abschiebung in die Ukraine damit verhindern, während Radniankou und Krautsou gegen ihren Willen deportiert wurden. Im Anschluss daran wurde Maria Kolesnikowa von den belarussischen Behörden festgenommen.
Ihr genauer Aufenthaltsort war bis am Vormittag des 9. September unbekannt. Ihrem Anwalt wurde bisher verweigert, ihr Rechtsbeistand zu geben. Es ist zu befürchten, dass die belarussischen Behörden Maria Kolesnikowa aus politischen Gründen weiterhin inhaftieren und eine Anklage gegen sie konstruieren werden.
Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) erklärte anlässlich der Übernahme ihrer Gefangenen-Patenschaft für Maria Kolesnikowa:
“Maria Kolesnikowa ist das Gesicht der demokratischen Bewegung in Belarus, ihr gilt meine große Solidarität, sie muss gestärkt und geschützt werden. Daher übernehme ich als Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages die Gefangenen-Patenschaft von Maria Kolesnikowa. Das skrupellose Vorgehen der belarussischen Staatsmacht gegen die letzte im Land verbliebene Anführerin der Demokratiebewegung offenbart die Skrupellosigkeit des Diktators Lukaschenko. Er muss umgehend aufklären, wie es Maria Kolesnikowa geht und wo sie sich befindet. Der fadenscheinige Trick vieler Diktatoren, unliebsame Oppositionelle mit Schlägertrupps oder extralegalen Methoden zum Schweigen zu bringen, wird hier nicht funktionieren. Unsere Aufgabe ist es, Lukaschenko zu zeigen, dass wir genau hinsehen und sein menschenverachtendes Vorgehen gegen die eigene Bevölkerung nicht stillschweigend hinnehmen.”