Dem Lukaschenko-Regime wird auf dem Berner Fernweh Festival mit einem Kulturabend eine Bühne zur propagandistischen Imagepflege geboten. Libereco und Razam.ch fordern die Absage der Veranstaltung und rufen im Falle einer Durchführung zu Protesten dagegen auf.

UPDATE 22.10.2021:
Dank öffentlichem Druck unsererseits und der gestrigen Berichterstattung von WOZ und Tages-Anzeiger hat die Belarus-Botschaft ihren Kulturabend beim Berner Fernweh Festival nun abgesagt. Wir hoffen, dass alle Beteiligten eine Lehre daraus ziehen und dem verbrecherischen Lukaschenko-Regime keine öffentliche Bühne in der Schweiz mehr geboten wird. Unser nächstes Ziel: Natallia Hersche muss endlich freigelassen werden und der Schweizer Aussenminister Cassis sollte sich endlich entschieden dafür einsetzen – jetzt unsere Petition an ihn unterzeichnen: www.libereco.org/natallia

Auf dem Berner Fernweh Festival soll am 29. Oktober 2021 ein Belarusischer Kulturabend stattfinden – veranstaltet von der belarusischen Botschaft und vom belarusischen Honorarkonsul Hermann Alexander Beyeler, einem bekannten Verbreiter von Verschwörungstheorien und treuer Unterstützer des belarusischen Diktators Lukaschenko. Die Botschaft der Republik Belarus in der Schweiz vertritt unterdessen ein Regime, dem jegliche demokratische Legitimation fehlt und das für schwerste Menschenrechtsverletzungen verantwortlich ist.

Libereco hatte mit Schreiben vom 11. Oktober den Veranstalter des Fernweh Festivals, G.U.S. Productions, und den Veranstaltungsort des Kulturabends, das Best Western Plus Hotel Bern, zu einer Absage der Veranstaltung aufgefordert um so ein klares Zeichen der Solidarität mit allen politisch Verfolgten in Belarus zu setzen. In ihren Antworten an Libereco teilen G.U.S. Productions und das Hotel Bern mit, das sie den Belarusischen Kulturabend nicht absagen werden, weil sie sich politisch neutral verhalten wollen.

„Mit einer solchen Argumentation könnte man dann auch Veranstaltungen der Taliban oder von Nazi-Kameradschaften auf dem Fernweh Festival durchführen um für Reisen nach Afghanistan oder Deutschland zu werben. G.U.S. Productions und Hotel Bern verhalten sich gerade nicht neutral wenn sie ein verbrecherisches Regime wie jenes von Diktator Lukaschenko offen unterstützen und diesem ein Forum zur Imagepflege bieten.“ kritisiert Lars Bünger, Präsident von Libereco, die Haltung von Festival-Veranstalter und Veranstaltungsort.

Seit dem Sommer 2020 haben die Menschenrechtsverletzungen in Belarus ungeheuerliche Dimensionen angenommen: mehr als 40’000 Verhaftungen, mindestens 1800 dokumentierte Fälle von Folter, aktuell mehr als 800 politische Langzeitgefangene, die zu Haftstrafen von bis zu 18 Jahren verurteilt werden.

Alle relevanten unabhängigen Medien in Belarus wurden geschlossen, zahlreiche Journalisten inhaftiert. Seit Juli dieses Jahres wurden mehr als 270 NGOs verboten – seit Anfang Oktober gibt es keine einzige legal zugelassene Menschenrechtsorganisation in Belarus mehr.

Auch 7 Mitarbeiter vom Menschenrechtszentrum Viasna, der belarussischen Partnerorganisation von Libereco, sind unter den politischen Gefangenen – darunter Ales Bialiatski, der Preisträger des Alternativen Nobelpreises 2020.

Tausende Menschen sind wegen politischer Verfolgung aus Belarus geflohen. Im Lande selbst trauen sich die Menschen aufgrund des allgegenwärtigen staatlichen Terrors nicht mehr zu Protesten auf die Strasse. In der letzten Septemberwoche wurden mehr als 130 Menschen nur aufgrund ihrer Kommentare in Sozialen Medien verhaftet. Fast täglich erreichen Libereco ähnliche schockierende Nachrichten aus Belarus.

In Belarus herrscht ein allgegenwärtiges Klima der Angst. Auch Besucher aus der Schweiz laufen Gefahr, vollkommen willkürlich und grundlos festgenommen zu werden, wie es der SRF-Korrespondentin Luzia Tschirky im Januar 2021 widerfahren ist.

Während dem Lukaschenko-Regime unter dem Deckmantel eines scheinbar unpolitischen Kulturabends eine Bühne zur Imagekorrektur geboten wird, leiden gleichzeitig hunderte politische Gefangene unter unmenschlichen Haftbedingungen, Folter, Misshandlung und Zwangsarbeit in belarussischen Gefängnissen.

„Wirklich kein Mensch hat derzeit Fernweh nach Belarus – ganz im Gegenteil müssen viele Menschen aufgrund politischer Verfolgung aus dem Lande fliehen. Als Demokraten in der Schweiz dürfen wir unsere Augen nicht vor den schrecklichen Menschenrechtsverletzungen in Belarus verschliessen. Dass G.U.S. Productions und Hotel Bern dies alles ausblenden und bisher an der Veranstaltung festhalten wollen, ist eine moralische Bankrotterklärung und eine direkte Unterstützung des Lukaschenko-Regimes. Auch Globetrotter und Bern Welcome sollten sich als Hauptpartner des Fernweh Festivals ernsthaft fragen, was für Veranstaltungen sie dort eigentlich unterstützen und promoten“, stellt Libereco-Präsident Lars Bünger fest.

Sollte der Belarusische Kulturabend nicht abgesagt werden, rufen Libereco und Razam.ch am 29. Oktober um 17.30 Uhr vor dem Hotel Bern zu einer Kundgebung gegen diese Veranstaltung und das Lukaschenko-Regime auf.