Zwei von drei Werbespots im staatlichen belarusischen Fernsehen werden von Konzernen aus Europa und den USA geschaltet. Das zeigt eine Analyse von Libereco. Die Repressionen gegen Belarus*innen werden mit voller Härte fortgesetzt, das haben der mutmaßliche Mord an dem Aktivisten Witaly Schischow und die versuchte Entführung der Sprinterin Kristina Timanowskaja deutlich gemacht. Daher fordert die deutsch-schweizerische Menschenrechtsorganisation Organisation: Westliche Unternehmen müssen ihre finanzielle Unterstützung für das Propaganda-TV von Diktator Alexander Lukaschenko sofort beenden.
Westliche Unternehmen werben unverändert im staatlichen belarusischen Fernsehen – anhaltendem Terror gegen die Zivilbevölkerung, Zehntausenden Verhaftungen und über 600 politischen Gefangenen in Belarus zum Trotz. Auch unmittelbar vor, nach und während politischer Sendungen und propagandistischer Nachrichtenformate laufen Werbespots von Procter & Gamble, Nestlé, Henkel, Coca-Cola oder L’Oréal wie eine Stichprobenanalyse von Libereco – Partnership for Human Rights zeigt.
Die deutsch-schweizerische Menschenrechtsorganisation hat eine Woche lang, vom 12. bis zum 18. Juli, die Werbeunterbrechungen der drei staatlichen TV-Sender Belarus 1, ONT sowie CTV jeweils von 19 bis 22 Uhr beobachtet und ausgewertet.
Das Ergebnis: Von insgesamt 874 Werbespots entfallen fast zwei Drittel (63 Prozent) auf westliche Unternehmen. Führend sind hier US-Firmen mit einem Anteil von insgesamt 32 Prozent. Firmen aus Belarus selbst schalten zusammengerechnet 25 Prozent der Spots. Die restlichen 12 Prozent der Werbeplätze entfielen auf Unternehmen aus Indien, Russland und der Türkei (Die Rohdaten finden Sie hier).
Werbespots von Procter & Gamble, Nestlé, Mars und anderen
Die mit deutlichem Abstand meisten Werbepots wurden von Procter & Gamble (100, USA) und Nestlé (79, Schweiz) geschaltet, gefolgt von Mars (44, USA), Henkel (43, Deutschland), Colgate-Palmolive (37, USA) Sandoz (35, Schweiz), Coca-Cola (35, USA), PepsiCo (33, USA), Dr. Theiss Naturwaren (32, Deutschland) und Mondelez International (29, USA).
Weitere 82 Werbespots wurden von folgenden westlichen Unternehmen ausgestrahlt: Carlsberg (Dänemark), L’Oréal und Sanofi (beide Frankreich), Dolorgiet (Deutschland), GlaxoSmithKline (Großbritannien), Sniezka (Polen) und Gedeon Richter (Ungarn).
Mehr als 40.000 Verhaftungen in den vergangenen 12 Monaten, mindestens 1800 dokumentierte Berichte von Folter und derzeit über 600 politischen Gefangene: Das ist die aktuelle Bilanz des belarusischen Machthabers Alexander Lukaschenko. Libereco fordert daher alle Unternehmen aus der EU, den USA, der Schweiz und Großbritannien auf, die Schaltung von Werbespots in den belarusischen Staatsmedien umgehend zu beenden und damit das Regime nicht länger finanziell zu unterstützen.
„Die Konzerne haben jegliches Unrechtsbewusstsein verloren“
„Seit nunmehr einem Jahr terrorisiert das Lukaschenko-Regime die eigene Bevölkerung, auch der letzte PR-Manager sollte das mitbekommen haben. Dass Weltmarken wie Procter & Gamble, Mars, Henkel, Coca-Cola oder PepsiCo nach wie vor und dazu in erheblichem Maße auf Propaganda-Kanälen des Diktators werben, ist ein Skandal. Den Unternehmen geht es offensichtlich nur um ihre Gewinne, die katastrophale Menschenrechtslage in Belarus ist ihnen vollkommen egal. Die westlichen Konzerne haben jegliches Unrechtsbewusstsein verloren, das ist eine moralische Bankrotterklärung“, sagt der Vorsitzende von Libereco in Deutschland, Marco Fieber.
Der Präsident von Libereco Schweiz, Lars Bünger, betont mit Blick auf den Nahrungsmittelriesen Nestlé, der trotz Kritik weiterhin im belarusischen Staatsfernsehen breit für seine Produkte wirbt: „Das Unternehmen wurde von uns in einem persönlichen Gespräch Anfang Juli umfassend über die Menschenrechtslage in Belarus informiert. Wir erwarten nach den jüngsten schockierenden Ereignissen nun eine sehr baldige öffentliche Erklärung von Nestlé, inwiefern sie ihre Werbung in den staatlichen belarusischen Medien beenden werden.“
Fieber und Bünger appellieren an die Politik, Werbung internationaler Unternehmen in belarusischen staatlichen Medien als gezielte Sanktion gegen das verbrecherische Lukaschenko-Regime zu verbieten.
Neben den von zahlreichen Ländern bereits verhängten Sanktionen fordert Libereco zudem alle demokratischen Regierungen zu weiteren Strafmaßnahmen gegen das herrschende Regime in Belarus auf. Die Organisation drängt unter anderem auf einen Ausschluss belarusischer Banken aus dem internationalen Zahlungsverkehrssystem Swift und ein Handelsverbot mit belarusischen Staatsanleihen. Statt der rot-grünen belarusischen Flagge, die das Lukaschenko-Regime repräsentiert, soll international die weiß-rot-weiße Flagge verwendet werden.